Laut Greil bestehen für Unternehmen und Märkte zwar weiterhin Unsicherheiten über die genaue Ausgestaltung des Brexits – und das wohl auch über den 15. Oktober hinaus. Allerdings hätten sie inzwischen viel Zeit gehabt, sich an das Thema zu gewöhnen und mögliche Strategien zum Umgang mit den Unsicherheiten zu entwickeln. Das unterscheide den Brexit von den meisten anderen politischen Risiken: Der Brexit ist ein Prozess, kein einmaliges überraschendes Ereignis.
„Die zwei realistischen Optionen, die verblieben sind, liegen auf dem Tisch: entweder ein mageres Minimalabkommen, das nur wenige Details abschließend regelt – oder aber ein harter ,No-Deal‘-Brexit, dem dann weitere Verhandlungen über die Ausgestaltung der Beziehungen folgen würden. Aktuell ist ein mageres Abkommen, das womöglich im letzten Moment noch geschlossen wird, aus meiner Sicht etwas wahrscheinlicher als ein No-Deal-Brexit. Die Risiken, die mit beiden Optionen verbunden sind, erscheinen in den Märkten mindestens zu großen Teilen eingepreist zu sein – solange es nicht zu einem vollständigen Zerwürfnis von beiden Seiten kommt, mit dem Keinem gedient wäre“, so Greil.
Im Falle des Minimalabkommens würde die Wirtschaft in Großbritannien nach Schätzungen von Merck Finck im kommenden Jahr immerhin noch um rund fünf Prozent wachsen. Dabei handele es sich jedoch primär um einen technischen Effekt aufgrund der vor allem Corona-bedingten tiefen Rezession im laufenden Jahr. Im Falle eines ungeregelten Brexit würde die Erholung voraussichtlich nur marginal ausfallen. Einem ernsten Einbruch würde Greil zufolge wohl die Bank of England mit einer weiteren Leitzinssenkung auf null Prozent und einer erneuten Ausweitung ihres Anleihekaufprogramms um 100 Milliarden Pfund gegensteuern.
„In dieser Hinsicht hat es sogar Vorteile, dass der Brexit in die Zeit der Covid19-Pandemie fällt: Zentralbanken und Regierungen haben schon massiv Geld in die Wirtschaft gepumpt – und haben den Finger weiterhin am Abzug. Wenn es überhaupt eine günstige Zeit für den Brexit gibt, dann jetzt“, so Greil abschließend. (DFPA/JF1)
Quelle: Merck Finck „Blitzlicht“
Die 1870 gegründete Merck Finck Privatbankiers AG hat ihren Sitz in München. Mit Mitarbeitern an 16 Standorten in ganz Deutschland verwaltet sie rund zehn Milliarden Euro an Kundengeldern. Merck Finck ist Teil des Privatbankverbunds Quintet Private Bank (Europe) S.A. (vormals KBL European Private Bankers) in Luxemburg.