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Verhandlungstermin in Sachen XI ZR 474/18 (Kündigung von Bausparverträgen) am 16. Juli 2019, 10.00 Uhr

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Sachverhalt:

Der Kläger, ein eingetragener Verein, nimmt nach seiner Satzung Verbraucherinteressen war. Er begehrt von der beklagten Landesbausparkasse, es zu unterlassen, in ihren „Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB)“ folgende Kündigungsklausel gegenüber Verbrauchern zu verwenden:

„§ 14 Kündigung des Bausparvertrages, Rückzahlung des Bausparguthabens

(1) … Die Bausparkasse ist berechtigt, einen Bausparvertrag vor Auszahlung des Bauspardarlehens zu kündigen, wenn

a) ….

b) seit dem 1. des Monats, in dem der Bausparvertrag abgeschlossen wurde, mindestens 15 Jahre vergangen sind und die Bausparkasse dem Bausparer mindestens 6 Monate vor Ausspruch der Kündigung ihre Kündigungsabsicht mitgeteilt hat …“

Der Kläger hält diese Kündigungsklausel wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 4 BGB und § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB für unwirksam.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat der Unterlassungsklage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht (OLG Stuttgart, WM 2018, 1838 ff.) zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Die Verwendung der angegriffenen Klausel sei unzulässig. Entgegen der Auffassung des Klägers verstoße die Klausel allerdings weder gegen § 309 Nr. 4 BGB noch widerspreche sie dem Grundgedanken des § 314 Abs. 2 BGB. Nicht jede Kündigung erfordere eine vorherige Abmahnung oder eine Abhilfefrist. Dies gelte vielmehr nur in Fällen, in denen ein Teil seine Vertragspflichten nicht erfülle und der andere Teil daraufhin anlassbezogen kündige. Das Kündigungsrecht aus § 14 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b ABB stelle dagegen ein ordentliches Kündigungsrecht dar.

Die Klausel verstoße aber gegen § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB, indem sie die Überlegungs- und Entscheidungsfrist des Bausparers darüber, ob er das Bauspardarlehen in Anspruch nehme, bezogen auf das gesetzliche Leitbild des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB verkürze und den Bausparer dadurch auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Bausparkasse unangemessen benachteilige. Zwar sei § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB eine Schutznorm zugunsten des Darlehensnehmers. Die darin statuierte Zehnjahresfrist für die Kündigung eines Darlehens stelle auch keine Mindestfrist dar, so dass Abweichungen zugunsten des Darlehensschuldners möglich seien. Jedoch enthalte diese Vorschrift eine Wertungsentscheidung des Gesetzgebers, die bei der Beurteilung der Frage, ob eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarte kürzere Frist den Bausparer unangemessen benachteilige, zu berücksichtigen sei.

Da die Klausel in zeitlicher Hinsicht nicht an die Zuteilungsreife, sondern an den Vertragsschluss anknüpfe, komme eine Kündigung vor Eintritt der Zuteilungsreife in Betracht und ermögliche damit der Beklagten, die Darlehensanwartschaft des Bausparers einseitig zu beseitigen und damit seine Vorleistung während der Ansparphase zweckfremd zu entwerten. Dabei handele es sich allerdings um Ausnahmefälle. Soweit eine Vertragspflichtverletzung des Bausparers die Zuteilungsreife bis 15 Jahre nach Vertragsschluss verhindert habe, sei er nicht schutzwürdig. Anders verhalte es sich aber, wenn die Parteien eine Abrede dahin getroffen hätten, Regelsparbeiträge auszusetzen und sich dadurch die Zuteilungsreife verschiebe. Ob diese atypischen Fallkonstellationen ausreichten, um die angegriffene Klausel zu Fall zu bringen, könne indes dahinstehen.

Allein die Möglichkeit der Beklagten mit Hilfe der Klausel die Überlegungs- und Entscheidungsfrist des Bausparers in der längsten Tarifvariante auf ca. viereinhalb Jahre ab der bei regulärem Verlauf eintretenden Zuteilungsreife zu verkürzen, stelle eine unangemessene Benachteiligung des Bausparers gegenüber der aus § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB erkennbaren Wertungsentscheidung des Gesetzgebers dar. Insoweit sei zu bedenken, dass der Bausparer bei Vertragsschluss häufig noch keine festen Pläne für den Einsatz des Darlehens habe, weil er nicht sicher vorhersehen könne, wann ihm der Vertrag zugeteilt werde. Ungeachtet dessen erstrecke sich die Ansparphase regelmäßig über etliche Jahre. Über einen solchen Zeitraum sei keine feste Lebensplanung möglich. Zwar könne sich der Bausparer bei Vertragsschluss einen Plan zurechtlegen, wofür er das Bauspardarlehen verwenden möchte. Ob diese Zielsetzung noch Jahre später fortbestehe und die vorgesehene Maßnahme noch möglich und sinnvoll sei, sei ungewiss. Unvorhergesehene Veränderungen der Lebensumstände des Bausparers, das Fehlen geeigneter Objekte, stark gestiegene Preise am Immobilienmarkt oder ein grundlegend verändertes Zinsniveau für die Restfinanzierung könnten Gründe sein, wohnungswirtschaftliche Maßnahmen über Jahre hinaus zu verschieben.

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Vorinstanzen:

LG Stuttgart – Urteil vom 16. November 2017 – 11 O 218/16

OLG Stuttgart – Urteil vom 2. August 2018 – 2 U 188/17

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 307 Abs. 1 und 2 BGB:

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder

wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

§ 309 Nr. 4 BGB:

Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam

[…]

eine Bestimmung, durch die der Verwender von der gesetzlichen Obliegenheit freigestellt wird, den anderen Vertragsteil zu mahnen oder ihm eine Frist für die Leistung oder Nacherfüllung zu setzen;

§ 489 Abs. 1 BGB:

Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

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von factum
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