Bei vielen Prämiensparverträgen und Riester-Banksparplänen haben Sparkassen eine unzulässige Klausel in die Verträge geschrieben. Wer so einen Vertrag hat, kann teilweise Tausende Euro nachfordern. Wir zeigen, wann Sie Ihren Vertrag überprüfen lassen sollten und wie Sie Geld nachfordern können.
Insbesondere in den 1990er und 2000er Jahren haben viele Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken und private Banken langfristige Sparverträge verkauft. Viele dieser Verträge enthalten Klauseln, die rechtswidrig sind. In den letzten Jahren sind die Marktzinssätze erheblich gefallen. Infolgedessen haben die Kreditinstitute die Sparzinsen der Verträge regelmäßig nach unten angepasst, in manchen Fällen auf bis zu 0,01 bzw. 0,001 Prozent. Dabei berufen sie sich auf eine Klausel, welche sie zur Anpassung der Zinsen berechtigen soll. Die einseitige Zinsanpassung kann zur Folge haben, dass Kunden zu wenig Zinsen gutgeschrieben wurden. Sie sollten die Klausel prüfen und nachrechnen lassen und können eventuell mit einer Nachzahlung rechnen.
Um welche Verträge geht es?
Bei den betroffenen Verträgen handelt es sich um Sparverträge oder Riester-Banksparpläne, die beispielsweise unter den Namen
- „Bonusplan“ (Volks- und Raiffeisenbank)
- „Prämiensparen flexibel“ (Sparkasse)
- „VorsorgePlus“ (Sparkasse)
- „Vorsorgesparen“ (Sparkasse)
- „Vermögensplan“ (Sparkasse)
- „VRZukunft“ (Volks- und Raiffeisenbank)
- „Vorsorgeplan“ (Sparkasse)
- „Scala“ (Sparkasse)
vertrieben wurden. Rechtswidrige Zins-Klauseln können Sie aber auch in einem einfachen Sparbuch mit Aufkleber und extra Zinsvereinbarung finden.
Betroffen sind zudem überwiegend langfristige Sparverträge mit variablen Zinssatz, die in den 1990er- und 2000er-Jahren abgeschlossen wurden. Das zeigen anhaltende Beschwerden von Verbrauchern bei den Verbraucherzentralen und den Marktbeobachtungs-Experten.
Die Verzinsung dieser Verträge setzt sich meist aus zwei Vereinbarungen zusammen:
- Einem variablen Grundzins und
- einer vereinbarten Prämie (Bonus).
Der Grundzins ist der Zins, mit dem das jeweilige Guthaben jährlich verzinst wird. Die Prämie erhält der Sparer zusätzlich, sie ist umso höher je länger der Sparvertrag besteht. Sie wurde in der Regel nicht ausgezahlt, sondern dem Kapital zugeschlagen. Der Anreiz solcher Verträge ist klar: Kunden werden mit einem Versprechen langfristig an Verträge gebunden.
Rechtswidrige Zinsanpassungsklausel
Ein variabler Grundzins – also ein Zins, der von der Bank an die allgemeine Zinsentwicklung am Markt angepasst werden kann – ist für viele Verträge üblich. Eine solche Vereinbarung muss aber, insbesondere für Verträge mit langer Laufzeit, transparent sein. Schließlich haben Verbraucher bei Langzeitverträgen nicht die Möglichkeit oder es ergibt wirtschaftlich für sie keinen Sinn, kurzfristig auf ein anderes Angebot mit besseren Zinsen umzusteigen.
In vielen dieser alten Verträge stecken aber Vereinbarungen (sogenannte Zinsgleitklauseln, Zinsänderungsklauseln oder Zinsanpassungsklauseln), die rechtswidrig sind. Solche rechtswidrigen Klauseln ermöglichen es Banken, den Zins nach eigenem Ermessen anzupassen, was in der Regel zu Lasten der Kunden geht: Sie bekommen zu wenig Zinsen gutgeschrieben!
Der Bundesgerichtshof hat solche Vertragsklauseln in mehreren Verfahren für unzulässig erklärt (Az. XI ZR 361/01, Az. XI ZR 140/03, Az. XI ZR 52/08, Az. XI ZR 197/09). Zuletzt urteilte der BGH im März 2017 (XI ZR 508/15): Die entsprechende Klausel einer Sparkasse sei nicht wirksam, da Verbraucher nicht nachvollziehen können, wie sich die Zinsen ändern. Es bestehe die Gefahr, dass die Sparkasse die Zinsen im Vertragsverlauf zum eigenen Vorteil ändert. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat im BaFinJournal 02/2020 darauf hingewiesen, dass die Rechtsprechung zu ignorieren und die unwirksamen Klauseln bewusst kommentarlos weiterzuverwenden, als Missstand gesehen wird, bei dem die BaFin eingreifen kann.
Um wie viel Geld geht es und was kann ich tun?
Wenn Sie den Verdacht haben, einen Vertrag mit fehlerhafter Zinsanpassung zu besitzen, sollten Sie Ihre Bank auffordern, die Zinsberechnung darzulegen und gegebenenfalls eine Neuabrechnung durchzuführen. Dabei hilft Ihnen unser Musterbrief.
Die Verbraucherzentralen haben bereits über 5000 langfristige Sparverträge von verschiedenen Banken und Sparkassen überprüft und nachgerechnet. Verbraucher haben in den nachgerechneten Fällen nach Auffassung der Verbraucherzentralen durchschnittlich rund 4000 Euro zu wenig Zinsen erhalten. In der Spitze haben Verbraucherzentralen einen Nachforderungsanspruch von Verbrauchern gegen ihr Kreditinstitut in Höhe von rund 78.000 Euro errechnet.
Die Ergebnisse aus dem Bundesland Baden-Württemberg wurden veröffentlicht. Die Studie „Zinsänderung in Sparverträgen“ können Sie hier herunterladen. In aller Kürze finden Sie die Ergebnisse auch im Faktenblatt „Zinsanpassung“ der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.