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„Geplanter Provisionsdeckel bei Lebensversicherungen ist verfassungswidrig“

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Der Evaluierungsbericht des Bundesfinanzministeriums (BMF) zum Lebensversicherungsreformgesetz sieht die Schaffung eines gesetzlichen Provisionsdeckels im Bereich der Lebensversicherung (LV) vor. Ein solcher Provisionsdeckel im Bereich der Lebensversicherung ist sowohl verfassungsrechtlich als auch europarechtlich unzulässig. Der Provisionsdeckel verstoße gegen die Berufsausübungs- und Dienstleistungsfreiheit. Zu diesem Ergebnis kommen zwei aktuell vorgelegte Gutachten der Rechtsexperten Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier und Prof. Dr. Hans-Peter Schwintowski.

Der Staatsrechtswissenschaftler und ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts Papier konstatiert in seinem aktuell vorgelegten „Rechtsgutachten zur Verfassungsmäßigkeit eines gesetzlichen Provisionsdeckels für die Vermittlung von Lebensversicherungen“, dass „die gesetzliche Einführung eines Provisionsdeckels bei der Vermittlung von Lebensversicherungsverträgen einen Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung der Versicherungsunternehmer und der Versicherungsvermittler aus Artikel 12 Absatz 1 Grundgesetz darstellen“ würde. Ein solcher Eingriff sei auch nicht durch verfassungslegitime Gründe des gemeinen Wohls gerechtfertigt. Papier folgert im Gutachten: „Der Gesetzgeber überschritte seinen von der Verfassung eingeräumten Einschätzungs-, Bewertungs- und Prognosespielraum, wenn er solche Gründe und deren Voraussetzungen ohne jede tatsächliche Fundierung unterstellte.“

Unter einen Provisionsdeckel, der „undifferenziert für alle Versicherungsvermittler im Bereich der Lebensversicherungen gelten würde, fielen sehr unterschiedliche Berufsgruppen und Berufsbilder mit sehr unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern, Aufgaben und Pflichten“. Papier berücksichtigt in seinem Gutachten auch die diversen Stellungnahmen der Bundesregierung zur Finanzstabilität der Lebensversicherungsgesellschaften. Er folgert: „Bei dieser Sachlage erscheint ein gesetzlich eingeführter Provisionsdeckel unabhängig von der letztlich gewählten Höhe als willkürlicher gesetzgeberischer Aktionismus. Das gesetzgeberische Ziel einer weiteren Senkung der Vertriebskosten kann somit einen normativen Provisionsdeckel und den damit verbundenen Eingriff in die berufsspezifische Vertragsfreiheit der Vermittler nicht legitimieren.“

Laut einem Gutachten des Rechtswissenschaftlers Schwintowski über die „Europarechtliche Zulässigkeit eines Provisionsdeckels in der Deutschen Lebensversicherung“ verstoße der geplante Preisdeckel gegen die in Artikel 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union garantierte Dienstleistungsfreiheit. Es seien auch keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, „dass ein solcher Preisdeckel im zwingenden Allgemeininteresse notwendig sein sollte“. Zudem würde der Provisionsdeckel „gegen zwingende Allgemeininteressen verstoßen, da er in die Produktgestaltungsfreiheit der Versicherer ohne Sachgrund eingreifen würde und zugleich eine Qualitätsabwärtsspirale sowohl bei den Versicherern als auch bei den Vermittlern auslösen würde“. Schwintowski berücksichtigt im Gutachten auch die jüngste Regulierung durch die EU-Vermittlerrichtlinie IDD und kommt zu dem Ergebnis: „Die IDD enthält keinerlei Regelungen, die es rechtfertigen würden, die Vertriebsentgelte für alle Vermittlertypen bei Lebensversicherungen jeder Art der Höhe nach zu deckeln.“

Die Gutachten wurden auf Veranlassung der Vermittler-Berufsverbände Bundesverband Finanzdienstleistung AfW und Votum Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Versicherungsmakler BFV erstellt. Die Berufsverbände und die Bundesarbeitsgemeinschaft werden bei den im Rahmen des geplanten LVRG 2.0 anstehenden politischen Gesprächen die klaren Ergebnisse der Rechtsgutachten einbringen.

AfW-Vorstand Norman Wirth: „Es wird keinen Provisionsdeckel geben! Weiter an den Plänen festzuhalten, hieße spätestens jetzt sehenden Auges den Versuch eines Verfassungsbruchs zu starten und gegen europarechtliche Vorgaben zu verstoßen.“ Für VOTUM-Vorstand Martin Klein „zeigen die Gutachten auf, dass der beabsichtigte massive Eingriff in die freie Preisbildung als Eckpfeiler der sozialen Marktwirtschaft ohne Rechtsgrundlage erfolgt. Das BMF sollte nunmehr erkennen, dass es mit seiner lediglich auf Vermutungen basierenden Gesetzesinitiative auf dem Holzweg ist.“ BFV-Koordinator Erwin Hausen gibt zu Bedenken: „Ein Provisionsdeckel würde in besonderem Maße die im Lager des Kunden stehenden Versicherungsmakler betreffen und gefährden. Das wäre nicht im Sinne des Verbraucherschutzes.“

Neben den juristischen Bedenken warnen die Spitzenfunktionäre von AfW, VOTUM und BFV auch vor den negativen Folgen für den Risikoschutz der Bürger, deren Altersvorsorge und die sozialen Sicherungssysteme in Deutschland. Der vom BMF angedachte Provisionsdeckel gefährde den wichtigen Berufsstand der Versicherungsvermittler, führe zu geringerer Beratung und erschwere Verbrauchern den Zugang zur notwendigen Versicherungs- und Finanzberatung, so Wirth, Klein und Hausen in einer gemeinsamen Erklärung.

Quelle: Pressemitteilung AfW

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von factum
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